13.05.2016

Projekt Eagleclaw Kapitel 34: Vor dem großen Sturm...


Wintus muss sich auf einen Kampf vorbereiten!


Lukas wachte im Krankenflügel meines Schlosses wieder auf. Das erste, was er spürte, war ein brennender Schmerz im Hinterkopf, aber außer einem aufgeschlagenen Knie ging es ihm sonst gut; er hatte unglaubliches Glück gehabt! Als er sich umsah, fielen ihm die Betten neben ihm auf. Links von ihm lagen Lyra und Morro, zu seiner Rechten in der Ecke war Indra untergebracht. Zwei Feen überwachten die Verletzten und Bewusstlosen. Einer von ihnen fiel auf, dass Lukas erwacht war, so flog sie los, um mich zu holen. Lukas hatte gerade all seine Erinnerungen gesammelt, als ich den Raum betrat. Er überspielte, wie wir zuletzt auseinander gegangen waren, und beeilte sich, mir Eagleclaws Pläne mitzuteilen: "Wintus, Eagleclaw hat die Kristalle gestohlen, nachdem ich den Maskenkönig besiegt habe. Er will..." "Ich weiß, was er vorhat.", unterbrach ich ihn, denn er musste eigentlich seine Stimme schonen. "Er will zum Ende der Welt, um dort während der Sonnenfinsternis das gefangene Monster zu befreien." Lukas war sprachlos. Er ging fälschlicherweise davon aus, dass niemand so viel aus dem Nix schließen konnte, und fragte sich, wie lang er geschlafen hatte. Nighty sagte ihm später, dass es etwas mehr als ein Tag gewesen war.
Da er keine Anstalten machte, etwas zu sagen, sprach ich mir die Seele frei: "Es tut mir leid, dich derart schrecklichen Gefahren ausgesetzt zu haben. Ich hätte dich nie gehen lassen dürfen." "Ich hätte mich nicht umstimmen lassen.", brummte Lukas. Ich entgegnete ernst: "Dann hätte ich dich anders aufhalten müssen!" Es folgte eine Stille, weil keiner etwas weiteres dazu sagen wollte. Um das Thema zu wechseln, fragte Lukas: "Wie geht es den anderen?" "Sie leben noch.", sagte ich nur, fügte aber kurz darauf hinzu: "Lyra und Morro sollten innerhalb der nächsten Stunden aufwachen, Indra wird vermutlich noch etwas länger... schlafen." "Darf ich noch bleiben, um mich von ihnen zu verabschieden?" Diese Frage machte mich stutzig. "Was meinst du damit?", hackte ich nach. Er erklärte, verwirrt, dass ich ihn nicht verstand: "Du hast mich doch geholt, um mich vor den Phantomreitern zu beschützen, und nun, da die weg sind, willst du dich doch sicher nicht mehr um mich kümmern müssen." Ich stutzte noch immer, aber bevor ich antworten konnte, kam Stella herein und erinnerte mich: "Wintus, ich will euch nicht stören, aber die Sonnenfinsternis beginnt in sechs Stunden, und wir sollten uns vorbereiten!" Ich zögerte, denn eigentlich war es mir wichtig, Lukas diesen Irrglauben zu nehmen, doch sie hatte Recht. So entschuldigte ich mich bei ihm und bat Nighty, das nachher zu übernehmen.

Am Nachmittag waren Lyra und Morro wieder auf den Beinen, und schlenderten mit Lukas durch den Schlossgarten. Sie redeten über alles mögliche, über alles außer Mascrow. Nighty fand sie kurz vor meinem Aufbruch. "Also, du hast deine Abreise schon geplant?", fragte er Lukas. "Ich möchte Wintus nicht weiter zur Last fallen.", erklärte dieser matt. "Wenn er Eagleclaw besiegt hat und zurück kommt, werde ich mich verabschieden und zu diesem lausigen Ersatz eines Vormundes gehen." "Also ich würde mich lieber von einem Rudel wütender Wölfe großziehen lassen als von deinem Onkel!", scherzte Nighty, was alle zum Lachen brachte, aber dann sprach der Finsterling ernst: "Hör mir mal gut zu, Lukas. Wintus hat dich nicht aus Angst von den Phantomreitern herholen lassen, sondern aus Angst vor den Menschen. Weißt du, warum du in einem Kriegslager aufgewachsen bist? Sie können sich einfach nicht beherrschen. Sie sind zum Kämpfen geboren, und bald wird ein neuer Krieg ausbrechen. Du solltest nicht zu denen gehören, die ihre Artgenossen erschlagen, nur um ein Stück Land zu erobern."
Lukas wusste nicht, wie er sich fühlen sollte. Zum einen war er erleichtert, dass er wohl doch nicht gehen musste, andererseits war er geschockt über das, was er hören musste. Und ein Gedanke ging ihm nicht aus dem Kopf: "Aber ich bin nicht besser als sie. Ich habe meine Freunde aus eigener Rachsucht in Gefahr gebracht, Wintus' Lehren für die von Mascrow weggeworfen und ihm den Weg zu seinem wahnsinnigen Ziel freigeräumt." "Immerhin hast du die Bedrohung durch den Maskenkönig beendet.", gab Morro zu bedenken. Lukas konnte nur den Kopf schütteln: "Ich habe Eagleclaw die Kristalle auf einem Silbertablett serviert." "Niemand hätte ihn stoppen können. Das weißt du, oder?", versuchte Lyra, ihn zu trösten, aber Lukas widersprach erneut: "Nicht nur in den Katakomben, ich habe ihm auch ohne zu zögern den Kristall gegeben, den du gestohlen hast. Wie man es dreht und wendet, ich allein bin für dieses Disaster verantwortlich." Nighty konnte nicht mit anhören, wie der Junge sich selbst bemitleidete: "Du bist nur ein Mensch, Lukas!" Diese Worte zogen ihn nur noch mehr runter, darum fügte er schnell hinzu: "Und das ist gar nichts schlimmes! Du solltest aufhören, zu versuchen, wie ein Zauberer zu werden, und stolz auf das sein, was du bist. Wintus hat es genauso wenig kommen sehen, also..."
Er stoppte im Satz. Überall auf der Welt stoppten alle, die gerade geredet hatten. Eine unbegreifliche Kälte breitete sich aus, die nichts mit dem Winterwetter zu tun hatte; Eagleclaw war am Ende der Welt angekommen. Es war Zeit für mich, loszuziehen. "Was ist das?", fragte Lyra mit zitternder Stimme. "Es hat begonnen.", sagte Nighty erfürchtig. "Da liegt was Unheilvolles in der Luft." "Ein Sturm?", fragte Lukas. Nighty nickte langsam: "Ein Sturm aus Dunkelheit!" Nach einer kurzen Pause empfanden alle die Stille als gruselig, und Nighty brachte es zuerst über sich, etwas zu sagen: "Wintus müsste jetzt gerade fortgehen." Er hätte es früher verstehen müssen, dachte sich Lukas, als er fragte: "Aber sicher nicht alleine, oder? Eagleclaw wird ihn fertigmachen!" Nighty wollte eigentlich zu bedenken geben, dass Lukas nicht wusste, wie mächtig ich sei, aber Stella kam gerade aus Richtung der Bibliothek. Sie hielt ein Brett mit einer beendeten Version von Herren des Schlachtfeldes in den Händen. "Kinder, wir haben auf einem Tisch in der Bibliothek dieses Schachbrett gefunden. Wisst ihr, was die Figuren bedeuten?", wollte sie wissen.
Auf dem Feld standen zwei schwarze Pferde und die Heerführer beider Seiten. Die drei schwarzen Figuren hatten die rote Figur in eine Position gebracht, in der sie nach ihrem nächsten Zug definitiv geschlagen würde. Es fiel direkt auf, dass der geschlagene Heerführer in der Mitte durchgebrochen war. Lyra erklärte das Spiel und die Stellung, wie sie es von Mascrow gelernt hatten. "Aber warum ist die rote Figur zerbrochen worden?", fragte Stella, nachdem ihre Tochter die Ausführungen beendet hatte. Es war Lukas, der mit ausdrucksloser Stimme die wohl wichtigste und furchtbarste Regel des Spiels wiederholte: "Der Heerführer stirbt am Ende, das ist die Regel. Der Heerführer stirbt immer!"

Ein Beitrag von Justin(23)

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